No PLAY No CITY Eine Einführung in die Architektur von Radical Playgrounds | An introduction to the architecture of Radical Playgrounds Spielplatz, Spielfeld, Spielfläche, Spielraum. Vier Worte, die sich erstaunlich ähnlich lesen und doch in ganz andere Richtungen deuten: Während ein Spielplatz der dem Spielen im Freien zugedachte Ort bei der Planung einer Stadt ist, ist das Spielfeld die umgrenzte Fläche, deren Dimension präzise für ein Spiel konfektioniert wurde, das nach festgelegten Regeln ausgeführt wird und dafür häufig auch Markierungen be- nötigt. Auf der Spielfläche sind die Regeln und die Form des Spiels nicht definiert, so dass man sich darauf beispielsweise auch mit darstellendem Spiel (Theater) exponie- ren, Konflikte austragen oder politische Verhandlungen führen kann. Der Spielraum ist dagegen etwas anderes: Er bezeichnet den Bereich, in dem eine Tätigkeit über ihre kulturell eingeübte Bestimmung hinauswachsen kann. Der Spielraum ist eine tempo- räre Erweiterungszone, eine Potentialfläche oder - im urbanen Kontext - ein Options- raum. Also ein Raum, auf den man Zugriff hätte, der zur Verfügung stünde, wenn das Spiel und die Spielenden ihn beanspruchen möchten. Und da ist der Haken: Am Spielraum steht kein Schild dran, so wie beim Spiel- platz, am Spielfeld oder sogar an der Spielfläche. Den Spielraum muss man selbst- ständig als solchen erkennen und sich selbst zu dessen Inanspruchnahme ermächti- gen. Der Spielraum ist keine Liegewiese, an der jemand steht und sagt „bitte, breite dich hier aus“. Der Spielraum in der Stadt ist darüber hinaus auch noch relativ. Je mehr ich mich traue, die Regeln kenne, mich vernetze, je länger ich die Stadt beobachte und je nach dem, was für Ideen ich habe, um meinen Spielraum zu nutzen und wie alle anderen um mich herum das akzeptieren, wächst er oder er schrumpft. Spielraum kann man selbst erzeugen, durch Überblick, Recherche, Lobbyarbeit, Planung, Geld, Charme, Dreistigkeit, Kreativität und Überzeugungskraft. Und vor allem auch dadurch, dass man bestehende Grenzen überschreitet, Traditionen ignoriert, Regeln in Frage stellt. Unsere Gesellschaft braucht Spielraum und dafür braucht sie Ausbildungszent- ren mit Trainingsplätzen, an denen man lernt, gemeinschaftlich und gemeinwohlorien- tiert alle Register der Spielraumschaffung zu ziehen. Man muss das Hinschauen üben, die Regeln lernen und deren Überschreitung ausprobieren, man muss sich daran ge- wöhnen, dass viel weniger feststeht, als man denkt, und daraus lernen, Verantwortung für die Stadt und den Raum der anderen zu übernehmen. Man muss üben, Ideen zu haben, und trainieren wie man sie umsetzen kann; dazu muss man sich vernetzen, sich austauschen und vor allem Zeit miteinander verbringen. Es müssen Räume der Begeg- nung geschaffen werden, die ansteckend sind, in denen voller Freude und Zuversicht festgelegte Koordinaten neu justiert werden können. Eine Architektur, die Bewegung in Gang setzt und Parameter hinterfragt, ohne neue zu schaffen; die das Spielerische im 10