2024 ist nicht nur das Jahr der amerikanischen Präsidentschaftswahlen, sondern auch das doppelte Jubiläumsjahr von Charles Ives, der im selben Jahr wie Arnold Schönberg geboren wurde – 1874 – und nur wenige Jahre nach dessen Tod verstarb. Schönberg, der nach der Machtergreifung der Nazis in die USA emigrieren musste, ist noch heute vielen ein Komponist, der die europäische Kunst musik von Grund auf veränderte, um deren Tradition fort- schreiben zu können. Und Charles Ives, der Europa erst bereiste, als er nicht mehr komponierte, gilt als der nicht weniger innovative Gründervater und die erste Hauptfigur einer originären, vom alten Europa sich unabhängig verstehenden Kunstmusik der amerikanischen, genauer, der nordamerikanischen Moderne. Das Programm des kommenden Musikfest Berlin geht über dieses – oft erzählte – Narrativ der Moderne hinaus, berücksichtigt insbesondere auch Werke amerikanischer Komponistinnen, so etwa in drei Porträt-Abenden mit dem Ensemble Modern, die dem Gesamtschaffen von Ruth Crawford Seeger (1901 –1953) gewidmet sind. Deren Musik wird in den Programmen mit Werken von Johanna Beyer (die 1888 in Leipzig geboren wurde und 1923 in die USA emigrierte), der aus Kuba stammenden Grand Dame der zeitgenössischen Musik Amerikas Tania León (geb. 1943) und der aus Kalifornien stammenden Katherine Balch (geb. 1991) verbunden. Außerdem sind Werke von den amerikanischen Komponistinnen Allison Loggins-Hull (Gastspiel The Cleveland Or- chestra am 26. August) und Missy Mazzoli (Berliner Philharmoniker am 7. und 8. September) zu hören. Vor allem aber trifft am 24. August, dem Eröff- nungstag des Musikfest Berlin, mit dem São Paulo Symphony Orchestra die süd- auf die nordamerikani- sche Moderne, während die Big Band des Orchesters sich im anschließenden Late-Night-Konzert der „Música Popular Brasileira“ widmet. Ihr wiederum antwortet die Big Band der Deutschen Oper Berlin – wie die brasilianische Formation eine Gründung aus dem symphonischen Orchester heraus – gegen Ende des Festivals, am 16. September, mit einem Duke Ellington zugedachten Abend. Die sogenannte „Entdeckung“ Amerikas ist zu- gleich ein Menschheitsverbrechen, zu dessen Aus- 3